DIE KÖRPERKONTROLLEURE

WEARABLES IN DER MEDIZIN

nano - 3sat, 2019 - 6:03 Min.
Ein Film von Volker Wasmuth
und Lena Becker  

Kalorienverbrauch, Hauttemperatur, Pulsschlag, Gewicht und Fitness-Zustand – Armbänder und Brustgurte messen die wichtigsten Körperfunktionen, übertragen die Daten per App auf Smartphones und PCs. Immer mehr Deutsche nutzen diese tragbaren Minicomputer. Der Verkauf der „wearables“ ist im letzten Jahr geradezu explodiert. 2016 wurden weltweit Fitness-Tracker im Wert von knapp 104,3 Millionen Euro verkauft. Ärzte und Experten schauten bislang eher skeptisch auf den Nutzen der Selbstvermesser. Doch nun gibt es neue tragbare Sensoren, die den medizinischen Alltag erleichtern.

Bei der schwedischen Firma Bioservo hat man die Lösung für Patienten, die auf Grund eines Schlaganfalls oder schweren Unfalls die Funktion ihres Armes verloren haben. Das Start-Up hat eine Carbonhand entwickelt.

Die Carbonhand ist ein Aktivhandschuh, der Menschen mit schwachen Fingern dabei hilft, bei alltäglichen Aktivitäten aktiver zu werden. Er ist mit drucksensiblen Sensoren in den Fingerspitzen und künstlichen Sehnen ausgestattet, die an den Seiten der Finger entlang laufen. Diese sind mit drei Motoren in einem Powerpack verbunden, das Sie am Gürtel tragen. Wenn der Patient die Sensoren unter Druck hält, aktivieren die Motoren eine gewisse Impulsabhängigkeit und verleihen dem Griff zusätzliche Kraft und Ausdauer.

Die Idee des Handschuhs stammt von dem Neurochirurg Hans von Holst. Er hatte viele Patienten mit schweren Hinverletzungen, die die Motorik der Arme einschränkten. Bisherige Behandlungsmethoden stießen irgendwann an ihre Grenzen .

2006 hat Hans von Holst Bioservo gegründet. Sieben Jahre später kam die erste Version der Carbonhand auf den Markt, gilt seitdem als Medizinisches Produkt und wird von den Krankenkassen verschrieben. Heute arbeiten insgesamt 30 Schneider und Ingenieure an den Anwendungen aus Schweden. Und Hans von Holst ist sich sicher: in Zukunft werden uns viele Arten von wearables im Alltag unterstützen.

In Deutschland nutzen nur wenige Patienten die medizinischen wearables – kaum eine Anwendung wird als Medizinprodukt eingestuft. Eines der wenigen zugelassenen wearables ist das Diabetispflaster. Damit geht das Messen des Blutzuckerspiegels ganz einfach über Funk mit dem Smartphone. Sofort erscheinen die Wert in einer App und der Patient weiß, wie viel Insulin er spritzen muss.

Der behandelnde Arzt kann ebenfalls direkt nach der Messung auf die Werte zugreifen und seinen Patienten so aus der Ferne überwachen. Sind tragbare Körperkontrolleure also die Zukunft der Medizin? Für Professor Siegfried Jedamzik bedeuten wearables eine deutliche Verbesserung von Diagnostik und Therapie für Ärzte und Patienten.